WETZLAR. Wetzlar schmeißt den Diesel aus der Altstadt - so könnte man das verkürzt formulieren. Falsch wäre das nicht. Ausführlicher sollte es aber heißen: Ab dem Fahrplanwechsel 2024/25 werden auf der Altstadtlinie des Stadtbusverkehrs nur noch voll elektrische Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Die bisherigen Dieselfahrzeuge werden ausgemustert. So sieht er also aus, der Start in die Elektrifizierung bei den Wetzlarer Verkehrsbetrieben.
Gefördert wird dieser Start vom Land. Vor wenigen Tagen hat Manfred Thielmann, Geschäftsführer der Werner Gimmler Wetzlarer Verkehrsbetriebe, einen Förderbescheid aus Wiesbaden erhalten. ,,Da mit sind wir unserem Ziel, dem schrittweisen Einstieg in einen emissionsfreien ÖPNV in Wetzlar, einen entscheiden den Schritt nähergekommen", freut er sich.
,,Unser Ziel ist ein intelligent vernetztes Verkehrssystem, das jeden jederzeit komfortabel und klimafreundlich ans Ziel bringt."
Tarek AI-Wazir (Grüne), Hessischer Wirtschaftsminister
Thielmann rechnet mit 1,5 Millionen Euro Gesamtkosten für das E-Bus-Projekt. Das Land gewährt eine Förderung von 596.500 Euro. Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sagt: ,,Hessen hat als erstes Bundesland ein eigenes Förderprogramm für E-Busse aufgelegt. Ich freue mich, dass Wetzlar dieses Angebot für den Weg in die nachhaltige Mobilität der Zukunft nutzt. Unser Ziel ist ein intelligent vernetztes Verkehrssystem, das jeden jederzeit komfortabel und klimafreundlich ans Ziel bringt."
Zwei Fahrzeuge reichen für die Altstadtlinie
Zwei Fahrzeuge sollen angeschafft werden. Hinzu kommen die Kosten für die Ladeinfrastruktur. ,,Wir wollen mit der Altstadtlinie, dem heutigen City-Bus, einsteigen, weil die Kilometerleistung so gering ist, dass wir keine Probleme mit dem Nachladen haben. Die Tagesfahrleistung lässt sich mit einem Ladevorgang in der Nacht abbilden", sagt Thielmann.
Altstadtlinie - das ist die künftige Bezeichnung für den City-Bus. Der ist bisher als
,,Marktverkehr" zwischen Forum und Altstadt unterwegs und eine Art Fremdkörper im Stadtbussystem. Die Stadtverordneten hatten im Sommer einen neuen Nahverkehrsplan beschlossen mit dem der City-Bus in den Linienverkehr und das Tarifsystem integriert werden soll.
Die Altstadtlinie soll werktags von 7 bis 18 Uhr im 30-Minuten-Takt fahren.
Im Sommer hatte die Stadt unter Federführung der Verkehrsbetriebe zudem eine Studie zur Antriebswende in Auf trag gegeben, in deren Rahmen der gesamte städtische Fuhrpark betrachtet wird. Dass nun mit den ersten Elektrofahrzeugen Erfahrungen gesammelt werden, hält Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD) für wichtig. Auch ihn freut die Zuwendung aus Wiesbaden. ,,Hinter den 596.500 Euro steckt eine große Wertschätzung des Projekts." Die Ladeinfrastruktur für die beiden Elektrobusse wird - in Kooperation mit der Enwag - auf dem Betriebshof von Gimmler in der Siegmund-Hiepe-Straße entstehen. Wird das vor Ort auch für den gesamten Fuhrpark von über 40 Linienbussen möglich sein? ,,Das werden wir hier nicht schaffen, weder vom Strom noch vom Platz her", sagt Thielmann. ,,Auch in Sachen Brandschutz ist das eine große Herausforderung."
Diesel raus, Elektro rein: Welche Umstellungen bringt das für die Verkehrsbetriebe?
„Die größte Umstellung wird in der Werkstatt passieren. Die Kollegen werden ab November massiv geschult", kündigt Thielmann an.
Spätestens mit Umstellung großer Teile der Flotte werde man aber auch über Einstellungen nachdenken müssen, zum Beispiel von Elektroingenieuren. ,,Wir werden dann ein anderes Berufsbild bekommen. Aber das betrifft ja nicht nur uns, das betrifft alle."
Für Thielmann und Wagner ist das ein großer Vorteil der im Sommer beauftragten Studie zur Antriebswende: Nämlich, dass all die Veränderungen in der Werkstatt oder bei der Infrastruktur nur einmal, dann aber für den gesamten städtischen Fuhrpark erledigt werden müssen. Wagner erinnert an die seit Jahren geführte Diskussion über das Defizit der Fahrzeugwerkstatt bei der Stadtreinigung. ,,Diese Studie ist eminent wichtig für uns. Mit Blick auf Auslastung und Fachkräftesituation ergibt es für meinen Begriff Sinn, Synergien zwischen den städtischen Unternehmen zu nutzen."
Welche Busse für die Altstadtlinie angeschafft werden, ist noch offen. Im Sommer hatte es einen Fahrversuch in der Altstadt gegeben, um herauszufinden, ob dort neben den bisher eingesetzten, 9,60 Meter langen Fahrzeugen auch 10,40-Meter-Busse fahren können. Vorteil der längeren Fahr zeuge wäre, dass sie auch auf anderen, stärker frequentierten Linien eingesetzt werden könnten. Das Ergebnis des Versuchs will Thielmann noch nicht verraten. Zuerst sollen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung darüber informiert werden, die auch den Buskauf beschließen.
Elektrischer Busbetrieb wird teuer
Klar ist bereits, dass der elektrische Busbetrieb teurer wird als der bisherige Diesel betrieb - schon wegen der höheren Fahrzeugpreise. ,,Über Kilometerpreise und alles andere werden wir diskutieren müssen", sagt Thielmann. Wagner ergänzt: ,,Die Mehrkosten werden nicht allein über den Fahrpreis zu realisieren sein, einen Teil werden wir über den städtischen Haushalt abbilden müssen." Wenn man ernsthaft auf alternative Antriebe umsteigen wolle, sei das aber eine logische Konsequenz. ,,Wenn man A sagt, muss man dann auch B sagen", sagt Thielmann.
Quelle: Pascal Reeber (VRM Wetzlar)
Bild: Pascal Reeber (VRM Wetzlar)